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Notfallmanagement

Die Vorbereitung ist die Basis für jede Skitour. Doch wie sehr man sich auch informiert, Lawinen sind unberechenbar und können jederzeit abgehen. Daher ist es besonders wichtig sich mit den verschiedenen Abläufen im Falle einer Lawine auszukennen.

LVS CHECK

Bei jeder Skitour sollte zu Beginn ein LVS-Check durchgeführt werden, denn mit Hilfe eines LVS-Gerätes können Verschüttete leichter geortet und in Folge gefunden werden. Hierbei unterscheidet man zwischen dem einfachen LVS-Check und dem Doppelcheck.

Einfacher LVS Check

Alle LVS-Geräte werden auf Senden gestellt und die Batteriekapazität wird überprüft (min. 40 Prozent). Der Gruppenleiter hat sein Gerät im Gruppenmodus oder Suchmodus. Er überprüft bei den Gruppenmitglieder, welche in einem Abstand von etwa einen Meter stehen, ob die Geräte korrekt senden. Natürlich kann dieses System auch umgekehrt angewendet werden. Vorteil des Gruppenmodus ist die Überprüfung weiterer Parameter neben der Sendeleistung. Der Gruppenmodus funktioniert nur im Nahebereich. Sobald der Check durchgeführt wurde, werden alle LVS-Geräte wieder auf die Sende-Funktion geschalten.

Doppelter LVS Check

Bei diesem Check wird sowohl eine Empfangs- als auch Sendekontrolle bei jedem einzelnen LVS-Gerät durchgeführt. Besonders bei neuen Gruppen wird der Doppelcheck empfohlen. Zuerst erfolgt die Empfangskontrolle, wobei der Leiter sein Gerät auf Senden stellt und alle anderen Mitglieder im Suchmodus sind. Der Abstand zum Leiter ist etwa drei Meter und es wird die Distanz sowie der Richtungspfeil überprüft. Danach werden die Geräte auf Senden umgeschaltet und der Leiter führt die Sendekontrolle durch wie im einfachen LVS-Check durch. Vor Beginn der Tour müssen alle Geräte wieder im Sendemodus sein.

Verschüttetensuche

Die Kameradenrettung ist bei Skitouren weit weg von Pisten oder anderer Infrastruktur die wichtigste Rettungsmaßnahme. In Notsituationen ist es wichtig, Abläufe zu kennen und zu wissen, was zu tun ist. Daher ist es auch sinnvoll, jeden Winter ein paar Mal den Ablauf einer LVS-Suche zu üben. Hier sind die Fakten, auf die es dabei ankommt.

Signalsuche

Was also tun, wenn eine Lawine abgegangen und ein Gruppenmitglied verschüttet ist? Als erstes die Notfallausrüstung klar machen und alle im Umkreis befindlichen LVS-Geräte von SENDEN auf EMPFANGEN stellen. Dann sollte man sich einen Überblick über die Situation verschaffen. Wie viele Personen sind verschüttet? Wie sind die Ausmaße des Schneebretts?

Hat das LVS Gerät kein Signal, bewegt man sich in zügigem Tempo den Lawinenkegel hinunter oder hinauf– dieser Teil der Suche nennt sich Signalsuche. Damit es eine effiziente Signalsuche geben kann, sollten bei kleineren Lawinen nur so viele Retter mit dem LVS-Gerät suchen, wie Verschüttete angenommen werden, alle anderen Retter bereiten die eigenen Schaufeln und Sonden vor. Um die Signalsuche effizient zu gestalten, halten wir das LVS-Gerät parallel zur Schneeoberfläche vor dem Körper. Die Augen bleiben dabei auf die Oberflächensuche fokussiert. Bei großen Lawinenkegeln und mehreren Rettern geht man in 20 m breiten Suchstreifen auf Signalsuche. Zur Organisation mehrerer Retter muss einer das Kommando übernehmen! Hat man ein Erstsignal am eigenen LVS-Gerät, so ist dies deutlich mittels Ruf "Signal" zu kommunizieren.

Grobsuche

Ab dem Moment des Erstempfangs übernimmt der Retter, der zuerst den Empfang hat, die weitere Suche. Als Grobsuche bezeichnet man die Suche vom Erstsignal bis in den Nahbereich von ca. 5 m des Verschütteten. Das LVS-Gerät wird hierbei NICHT hin- und hergeschwenkt, sondern in einer fixen Position vor dem Bauch getragen. Dabei folgt man mittels LVS-Gerät den (über die Pfeile angezeigten) Feldlinien, zuerst sehr rasch. Je näher man kommt, wird man immer genauer und somit langsamer um dem Gerät genügend Zeit zu geben, die empfangenen Signale zu verarbeiten. Das heißt, die Suchgeschwindigkeit nimmt mit der Annäherung ab, während die Suchgenauigkeit steigt.

Feinsuche

Ab dem Bereich von etwa fünf Metern beginnt die Feinsuche. Man bewegt sich nun deutlich langsamer und geht mit dem LVS-Gerät auf die Schneedecke hinunter. Auch hier wird das Suchgerät NICHT geschwenkt. Man kommt irgendwann an den Punkt, wo die Entfernungsangabe wieder zunimmt und den Ton anzeigt, dass man sich vom Sender entfernt. Es wird der Punkt markiert, an dem man die niedrigste Entfernungsangabe hatte. Hier bewegt man das Suchgerät in eine Parallelverschiebung (starre Position) nach rechts und links, um zu schauen, ob man eine noch kleinere Entfernungsanzeige erhält. Diesen Vorgang nennt man „einkreuzen“. Dabei kommt es darauf an, welche Entfernung das Gerät anzeigt. Liegt sie im Nahbereich (unter 1m), muss man es weniger genau machen, als wenn das Gerät als kleinste Entfernung zwei Meter anzeigt.

Die Feinsuche wird abgeschlossen, indem derPunkt mit der geringsten Entfernung durch einen Gegenstand (Handschuh, o.ä.) markiert wird.

Am Punkt mit der geringsten Entfernungsangabe beginnt man mit dem Sondieren, der Punktsuche. Dabei unbedingt systematisch sondieren. Am besten bewährt hat sich die „eckige“ Spirale mit einem Stickabstand von ca. 30 Zentimetern. Hat man den Verschütteten mit der Sonde lokalisiert, bleibt diese stecken und man beginnt von der Talseite schnell, aber organisiert mit dem Schaufeln.

Erste Hilfe am Berg

Im Ernstfall zählt jede Minute. Genau wie bei der Verschüttetensuche sollten auch bei der Ersten Hilfe alle Schritte sitzen. Zur Auffrischung Deines Wissens haben wir zusammen mit der Bergrettung Tirol die Abläufe für Dich zusammengefasst.

Ein Lawinenunfall ist ein Wettlauf gegen die Zeit. In den ersten 15 Minuten nach einer Lawinenverschüttung besteht die größte Chance, Verschüttete lebend zu bergen. Liegt die Verschüttungszeit im Bereich von 15 bis 35 Minuten, steigt die Mortalität schon auf 60 Prozent. In diesem Zeitintervall sterben die meisten Verschütteten am Erstickungstod aufgrund verschlossener Atemwege.


Nach der Kameradenrettung folgt die Erste Hilfe vor Ort. Die oberste Priorität ist es die Atemwege des Verschütteten so schnell wie möglich zu befreien. Darauffolgend wird der Notfall-Algorithmus nach dem ABCDE-Schema angewendet, dabei unterscheidet man zwischen drei Szenarien.

Bewusstsein vorhanden

LAGERUNG & WÄRME
Ist die Person ansprechbar und reagiert auf Weckzeichen (z.B. zwicken), dann ist sie bei Bewusstsein. Somit sind die Punkte ABC bereits automatisch erledigt.

A wie Airway (Atemweg)
B wie Breathing (Atmung)
C wie Circulation (Kreislauf)
Danach wird der Verschüttete weiterausgegraben und man widmet sich Punkt D.

D wie Disability (Neurologischer Status)
Dabei überprüft man, ob Verletzungen vorhanden sind – Können Finger und Zehen bewegt werden? Ist die Empfindlichkeit in Armen und Beinen vorhanden? Funktionieren die Pupillen?

Mögliche Anzeichen für Probleme können Kribbeln oder Bewegungsstörungen in Armen bzw. Beinen sein, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Falls diese Anzeichen vorkommen, muss besonders vorsichtig mit dem Verletzten umgegangen und auf eine schonende Lagerung geachtet werden.

E wie Exposure
Zum Abschluss kontrolliert man bei Punkt E, ob noch weitere Verletzungen sichtbar sind und versorgt sie gegebenfalls.

Sobald der Check abgeschlossen ist, kümmert man sich darum, dass der Verletzte bis zum Eintreffen der organisierten Rettungskräfte nicht weiter auskühlt. Dafür wird die Alurettungsdecke verwendet, die möglichst zentral und körpernah über Kopf, Rücken und Bauch gewickelt wird. Der Patient sollte so gut wie möglich vor Wind und Nässe geschützt werden und schonend auf eine isolierte Unterlage z.B. den Rucksack gelegt werden.

Atmung vorhanden

STABILE SEITENLAGE
Wenn die Person nicht ansprechbar ist, müssen die Atemwege (A – Airways) kontrolliert werden. War eine Atemhöhle vorhanden? Befindet sich kein Schnee in den Atemwegen? Befindet sich Schnee in den Atemwegen, muss dieser entfernt werden. Dazu wird der Kopf zur Seite gedreht, der Mund geöffnet und der Schnee vorsichtig mit den Händen herausgeräumt.

Erst danach wird der Kopf überstreckt und am Mund des Verletzten gehorcht, ob eine Atmung (B – Breathing) vorhanden ist. Zudem wird mit aufgelegter Hand beobachtet, ob sich der Brustkorb hebt und senkt. Wenn die Atmung normal ist, kann die Person weiter ausgegraben werden. Danach wird sie wiederum vor Auskühlung geschützt und in die stabile Seitenlage gebracht. In diesem Fall muss der Verletzte unbedingt durchgehend beobachtet werden, um gegebenfalls bei Atemstillstand sofort reanimiert zu werden.

keine Atmung

HERZ-LUNGEN-WIEDERBELEBUNG
Im Zuge der COVID-19-Pandemie wird aufgrund einer möglichen Ansteckungsgefahr keine Beatmung bei der Reanimation empfohlen. Sollte man sich individuell doch für eine Beatmung bei der Reaniamtion entscheiden gilt Folgendes: Kann keine Atmung festgestellt werden, beginnt man – noch bevor die Person weiter ausgeschaufelt wird – mit der 5 initialen Atemspenden. Dazu bleibt der Kopf überstreckt und mittels Mund-zu-Mund-Beatmung wird in der eigenen Atemfrequenz genug Luft in die Lunge geblasen, damit sich der Brustkorb deutlich hebt und senkt.

Der Verletzte wird so schnell wie möglich ausgeschaufelt und sobald der Körper auf hartem Untergrund gelagert wird, beginnt man mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung – auch CPR (Cardiopulmonary Resuscitation) genannt – im Rhythmus 30 Thorax-Kompressionen zu 2 Atemspenden. Der Druckpunkt liegt hierbei in der Mitte des Brustkorbs und die Drucktiefe beträgt ca. 5 cm. Effizienter ist dieser Vorgang, wenn der Verletzte von dicken und weichen Kleidungsschichten befreit wird. Bei einer Frequenz von 100 Kompressionen pro Minute ist in den Pausen auf vollständige Entlastung zu achten. Da die Reanimation sehr anstrengend ist, wechselt man sich idealerweise ab. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung wird solang durchgeführt bis:

1 // der Verschüttete wieder normal atmet
2 // die organisierten Rettungskräfte eintreffen
3 // die Ersthelfer am Ende ihrer Kräfte sind

Wir danken unseren Partnern für die hilfreiche Unterstützung bei der Recherche und Aufbereitung des Lawinenwissens.